Translate

Rezension zu "Mein Gang durch die Hölle"

Hallo.
Dieses Buch ist keine leichte Kost.
Ich denke, der Titel sagt alles. Dieses Buch ist real. Es geht um schlimmsten Missbrauch, über Jahre hinweg. Beginnend mit vergleichbar harmlosem "Mobbing" wird es immer schrecklicher.
Was hier beschrieben wird ist grausam, schockierend. Wie kann ein Mensch nur so viel ertragen?
Kein Wunder, dass er zusammenbricht.

Die Basics:
Verlag: edition fischer
Seitenanzahl: 246 Seiten
Preis: 12,80€
(E-Book: 9,99€)
ISBN: 978-3899508116

_Für eventuelle Spoiler entschuldige ich mich im Voraus!_


Es fällt schwer zu dies zu lesen.
Ich habe immer wieder kaum den Zeilen getraut - dass sowas nicht auffliegt?
Dass hier vollkommen übertrieben wurde, dass die Hauptperson Wahnvorstellungen hat.
Es gibt kein Happy End, keine glücklichen Zufälle - 'Mein Gang durch die Hölle' beruht auf einer wahren Begebenheit, lediglich Namen wurden verfremdet.
Und der Protagonist hat diesbezüglich keine Wahnvorstellungen, es wurde nicht übertrieben: Es wurden sogar Dinge weggelassen. Das erfuhr ich im Zuge einer Leserunde mit dem Autor.

Das Cover
...zeigt die Schemen eines jungen Mannes - Koby oder einem seiner Gefährten wie z.B. Simon, nehme ich an. Eines verzweifelten, jungen Mannes, eingesperrt hinter einer vereisten Scheibe, unerschütterlich einen Weg aus diesem Albtraum suchend.
Der Titel
...hätte nicht besser gewählt werden können. Womit hat ein unschuldiger, freundlicher, selbstloser, hilfsbereiter Junge wie Koby so etwas verdient? Ein Martyrium, eine Wanderung durch die einsamsten, eisigsten, tiefsten, grausamsten, widerwärtigsten Wege keines geringeren Ortes als der Hölle.

Es geht um
...Koby. Mit seinem Eintritt in die Sekundarstufe (Oberschule) in einem Internat in Belgien beginnt für ihn ein Albtraum. Fünf Jungen; angeführt von Kevin, tyrannisieren die Schule und ihre Mitschüler auf Stich und Tritt. Beleidigungen? Kinderkram! Drohungen, schlimmste Gewalt, sexueller Missbrauch und Erpressung sind an der Tagesordnung.
Und niemandem fällt etwas auf. Die Erzieher ergötzen sich an dem Leid der Schüler und die Lehrer möchten keine Verantwortung übernehmen. Das Internat ist wie eine Enklave, nichts dringt nach draußen, nichts darf nach draußen dringen. Und dafür wird mit allen Mitteln gesorgt. Die Unschuldigen bekommen von den Aufsichtspersonen sinnferne Strafen; Schlafentzug und Nahrungsmangel sind die Folgen. Hauptsache, die Angestellten erhalten regelmäßig ihr Gehalt und der Ruf der "Anstalt" bleibt unbefleckt. So wird geschwiegen.
Koby versucht zu entkommen. Doch es misslingt. Gehirnwäsche, Psychoterror in der reinsten Form muss er über sich ergehen lassen. Immer wieder steht er aufs Neue auf, versucht Widerstand zu leisten - vergeblich, denn niemand glaubt ihm, niemand steht hinter ihm; es gibt niemanden der dass könnte.

Doch eines Tages bricht er zusammen, psychisch wie auch körperlich von all der erlittenen Gewalt. Er kommt ins Krankenhaus. Er weigert sich zu sprechen, zu sehr schämt er sich, zu effektiv war die Gehirnwäsche.
Doch schließlich erzählt er. All sein Leid, all seine Qualen. Man möchte es kaum glauben, es ist ein Skandal, nicht?

Doch die Vertuschung war und bleibt erfolgreich. Erpresst und gedemütigt, weigern sich Zeugen auszusagen, alle schweigen und die Enklave erhöht ihre Mauern. Koby wird als notorischer Lügner erwiesen, mit Wahnvorstellungen und unter Medikamenten ruhig gestellt. Doch seine Familie glaubt ihm, steht ihm bei, möchte um jeden Preis die Wahrheit ans Licht bringen, aber wie?
Doch sein Martyrium geht noch weiter. Nach dem Schulabbruch, bis er wieder wenigstens einigermaßen psychisch Stabil ist, sucht er sich einen Arbeitsplatz. Dort trifft er nur auf Hohn oder Neid. Mit dem "Wahnvorstellungen"- Zeichen gebrandmarkt wird er wie ein geistig Beschränkter behandelt.
Er wird verfolgt, weiterhin bedroht, angehalten zu schweigen. Das Netz aus Beziehungen ist weitaus komplizierter als gedacht; sollte er es auch nur wagen, erneut ein Wort gegen einen der 5 aus seiner ehemaligen Schule zu richten wird er das bitter bereuen.
Im Sportverein dann, gelangt er in die Gesellschaft von den wirklichen Psychopathen. Leuten ohne Skrupel. Folterer, Entführer. Alles katalysiert.

Ich bin der Ansicht, dass
...dies ist definitiv kein Buch über Mobbing ist, wie im regulären Klappentext steht (den werdet ihr hier darum nicht finden). Es deckt vertuschte, schwerwiegende Verbrechen und die Unfähigkeit der Polizei und Justiz auf. Eine Anklage gegen die Gesellschaft. Unsere Gesellschaft. Über Gerechtigkeit und Ungerechtigkeit, Wahrheit, schwere, bittere Wahrheit. Es fällt mir wirklich schwer, dieses Buch zu beurteilen.

Es beruht auf einer realen Begebenheit.
Erstmals ein ganz großes Lob an den Autor, dass er die Kraft hatte, dass alles aufzuschreiben. Den Menschen müssen die Augen geöffnet werden.
Man kann nicht fassen, dass das die Realität sein soll! Da sind dystopische Romane lächerlich im Vergleich.
Ich gebe zu, teilweise dachte ich wirklich, dass mich der Autor an der Nase herumführen wollte, dies alles erdacht wäre. Ein Mensch kann dass, was Koby ertragen hat, doch nicht solange aushalten.


Der Schreibstil
...ist leicht gewöhnungsbedürftig, mit etwas ungewohnten und kantigen Formulierungen und einer satten Menge an Rechtschreibfehlern, aber daran werde ich gar nicht urteilen. Die Geschichte ist so schockierend. Deprimierend.
Niemand hat Widerstand geleistet, niemand konnte Widerstand leisten. Perfekt organisiertes Verbrechen.
Koby ist wirklich stark gewesen, dass alles durchzustehen. Immer noch durchzustehen; die Verbecher wurden nicht gefasst. Womöglich üben sie weiterhin ihre abartigen Praktiken aus. Koby ist kein "Opfer", er ist kein Außenseiter, im Buch ist er nur ein vollkommen gewöhnlicher Junge, kein Streber, kein Schulschwänzer. Freundlich, ehrlich.
Ich hoffe und wünsche Koby von ganzem Herzen dass er endlich die bessere Seite des Lebens kennenlernt, dass er endlich leben kann ohne immer nur auf Missbrauch und Gewalt zu stoßen. Dass die Verbrecher ihre Strafe bekommen, die Mauern der Enklave niedergebrannt werden.

...Aber niemand hört zu!
Vielleicht
...habe ich nicht die richtigen Worte für dass gefunden, dann tut es mir leid, es scheint diese nicht zu geben. Womöglich habe ich nicht gut genug zusammengefasst.
Es ist ein schweres Buch. Nicht einfach zu lesen, nicht immer leicht zu verstehen. Manchmal etwas durcheinander. Logikfehler hier und da.

Bewertung
Zwei Schneeflocken Abzug sind für die stilistischen Schwächen - Sprache, Rechtschreibung, Logik.
Ich möchte niemandem zu nahe treten, die Handlung ist wirklich grauenhaft - nicht wegen der Umsetzung, sondern deshalb, weil sie so real ist. Daran richtet sich auch keine Kritik.
Insgesamt schweben für 'Mein Gang durch die Hölle' also drei große Schneeflocken vom Himmel herab.


Fazit:
Über die Rechtschreibfehler muss hinwegsehen können.
Trotzdem, dieses Buch sollte jeder lesen, auch wenn es nicht leicht ist.

Der Autor
...heißt Renée Wum. Dies ist allerdings nur ein Pseudonym.
 'Mein Gang durch die Hölle' ist sein Debütroman. Eigentlich hatte er nie vor Bücher zu schreiben, obwohl er schon seit seiner Kindheit das Lesen liebt. Nur durch den Schock, erfahren zu müssen, dass jemand der ihm sehr nahe steht, solch schreckliche Dinge erleiden musste, wurde ihm klar, dass gehandelt werden muss.
Er lebt mit seiner Familie in Luxembourg. Wie bereits erwähnt liebt er seit seiner Kindheit Bücher über alles und da er es nicht ausstehen kann irgendwo warten zu müssen, verkürzt er sich die Zeit mit dem 'verschlingen von Büchern'. Er ist gerne in der Natur und auf Reisen, ist sportlich und mag Tiere und Backt und Kocht außerdem in seiner Freizeit.
 Er hat auch eine Homepage: www.buecherwum.de

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen